Mit der Kraft der Sonne…. vom Spatenstich bis zum Einzug
Wer heute ein neues Haus baut, bekommt strenge Auflagen, was den Energieverbrauch angeht. Verschiedene Gebäudetypen wurden entwickelt, die diese Anforderungen erfüllen. Da ist von Energiesparhäusern die Rede, von Niedrigenergiehäusern und Passivhäusern. Eine Gebäudevariante, die noch vergleichsweise wenig bekannt ist, ist das Sonnenhaus.
Anja Machnik, Architektin aus Bissendorf, hat für ein Baugebiet in Osnabrück Eversburg ein solches Haus geplant. Mit der Ausführung wurde die Zimmerei Heggemann in Melle beauftragt. Die Klimainitiative des Landkreises darf den Bau des Sonnenhauses begleiten und berichtet regelmäßig über den Baufortschritt. Der WDR berichtete im November 2014 über den Bau des Sonnhauses.
Eingepackt in silbern kaschierte Dämmwolle und mit unzähligen Schlauch- und Messanschlüssen wirkt der riesige Wasserspeicher im Zentrum des Hauses ein wenig wie ein Weltraummodul. Tatsächlich wird diese Anlage mithilfe einer ausgeklügelten regel- und Steuertechnik künftig dafür sorgen, dass es im Sonnenhaus auch im Winter angenehm warm wird und immer genug warmes Brauchwasser bereit steht.
So komplex die Technik, so einfach das Prinzip: Der 7000-Liter-Speicher wird über Solarkollektoren auf dem Dach des Gebäudes geheizt. Die Kollektoren ersetzen daher fast alle Dachpfannen auf der Südseite und summieren sich auf 43 Quadratmeter. Vor allem der Spätsommer wird noch genutzt, um den Speicher das erste Mal „aufzuladen“, wie die Experten sagen. Sollte die Sonne wider Erwarten einmal nicht ausreichen, können die Bewohner über einen Kaminofen noch zusätzliche Wärme in den Speicher einspeisen: Sogenannte Wassertaschen werden vom Kaminfeuer aufgeheizt und beschicken den Speicher mit zusätzlicher Wärmeenergie. Heizungs- und Brauchwasserleitungen nehmen bei Bedarf die Wärme auf und leiten sie zu den Wasserhähnen beziehungsweise Bodenheizungen.
Der Clou: Im Speicher entsteht natürlicherweise eine gewisse Temperaturschichtung. „Während im oberen Bereich Temperaturen von bis zu 90 °C herrschen, wird es nach unten hin immer kühler. Da nicht immer die ganz hohen Temperaturen gebraucht werden, kann dem Speicher auf verschiedenen Niveaus Energie entnommen werden. So wird die Wärmeenergie immer dort eingespeist, wo es am sinnvollsten ist“ erläutert Experte Rolf Gildehaus von der Firma Tröbs Solar aus Hasbergen. Damit erklären sich auch die vielen Anschlüsse: Insgesamt 15 Vor- und Rücklaufleitungen und sieben Temperaturfühler sowie zehn Temperaturanzeigen werden angeschlossen und von einer Steuereinheit geregelt, die sogar aus der Ferne überwacht werden kann. So kann die Firma jederzeit feststellen, ob die Anlage ordnungsgemäß funktioniert.
Am Mittwoch war es soweit. Das Sonnenhaus wurde per Tieflader angeliefert: Das komplette Erdgeschoss des Gebäudes wurde per LKW zur Baustelle gebracht und aufgestellt. „Es freut mich, wenn mein Entwurf schließlich Realität wird. Und bei dieser Bauweise geht es auf der Baustelle natürlich besonders schnell“, sagt Anja Machnik, Architektin des Sonnenhauses. Es ist schon ein ungewohnter Anblick, wenn Wände am Haken des Autokrans hängen und langsam eingeschwebt kommen. Vorsichtig setzt man die Elemente auf der Bodenplatte ab und verschraubt sie am Boden und untereinander. Während an drei Außenseiten des Gebäudes noch die Dämmplatten sichtbar sind, die später verputzt werden, ist das eingeschossige Element auf der Südseite bereits mit der Holzfassade versehen, die so bleibt, wie sie ist.
Auch die etwas schlankeren Innenwände werden eingesetzt, präzise ausgerichtet und mit Boden und angrenzenden Wänden verschraubt. „Wären bei der Herstellung der Einzelelemente Fehler unterlaufen, würde sich das jetzt natürlich bitter rächen“ sagt die Architektin. „Da hier die gleichen Leute den Aufbau machen, die in der Zimmerei die Teile zusammengesetzt haben, kommt das aber praktisch nie vor.“
Zwischendurch wird das Herzstück des Hauses aufgestellt: Der große Pufferspeicher für die Solare Wärmeenergie. Der schwarze Metallzylinder von 1,4 Meter Durchmesser und 4,80 Meter Höhe ist noch leer und der Autokran kann die anderthalb Tonnen daher problemlos in das Haus hieven. Komplett befüllt wird das Gerät später über acht Tonnen wiegen. Die vielen Anschüsse am Speicher lassen bereits jetzt erahnen, dass es sich um ein ausgeklügeltes System handelt, dass die Firma Tröbs Solar aus Hasbergen hier installiert. Dazu in unserer nächsten Folge mehr.
Im Osnabrücker Stadtteil Eversburg steht in wenigen Wochen das erste Sonnenhaus Osnabrücks. Gebaut wird es aber keineswegs nur hier. „Wenn wir mehrere Projekte haben, wird es bei uns eng“ sagt der Ingenieur Daniel Aumüller von der Zimmerei Heggemann in Melle. „Deshalb vergrößern wir jetzt auch unsere Fertigungshalle“.
Während Zimmereien früher für Baustellen hauptsächlich Holz zuschnitten, werden dort heute ganze Gebäudeteile gefertigt. Präzise am Computer vorbereitet und Element für Element zusammengefügt, formen sich aus Balken, OSB-Platten und Holzfaserblöcken komplette Gebäudewände inklusive Fensteröffnungen und Vorhangfassade. Auch das Dach wird hier – bis auf die Eindeckung – bereits vormontiert. Während an einem Ende der Halle an den Bauteilen gearbeitet wird, stapeln sich am anderen Ende die Sonnenhaus-Elemente. „Das Aufstellen dauert am Ende nur ein paar Tage“ sagt Aumüller.
„Holzrahmenbauweise“ – so nennt man die Technik, mit der heute zunehmend energieeffizient gebaut wird. Was im ersten Moment nach relativ konservativer Ingenieurskunst klingt und an Fachwerkhäuser denken lässt, ist in Wirklichkeit modernster Standard im Baubereich: Trotz hoher Dämmstärken bleibt der Wandaufbau relativ schlank und leicht. Bei den Wänden werden auf der Außenseite des Ständerwerks sechs Zentimeter dicke Holzweichfaserplatten angebracht, die später den Putz tragen. Innen kommen OSB-Platten und wiederum Holzfasermatten zum Einsatz, die zum Raum hin mit Gipsplatten verkleidet werden. Der 20 Zentimeter Hohlraum in der Wand wird später vor Ort mit Zelluloseflocken ausgeblasen, so dass in der Summe bei einer Wandstärke von insgesamt rund 40 Zentimeter 32 aus Dämmstoffen bestehen. So bleibt die eingefangene Sonnenwärme im Winter dort, wo sie hingehört - im Innern des Hauses.
Der Dachaufbau ist grundsätzlich ähnlich, nur dass hier auf der Innenseite auf die Holzfaserplatte verzichtet wird. Dafür werden zwischen den Sparren gleich 24 Zentimeter Dämmflocken eingeblasen. Eines der Gebäudeteile erhält ein Flachdach, hier wird mit einer „Gefälledämmung“ aus Polyurethanplatten gearbeitet.
Eine große Aktion ist der Aufbau vor Ort nach wie vor, zumal zeitgleich auch der zentrale Wasserspeicher eingesetzt werden muss. Darum geht es im nächsten Bericht.
Man kennt es aus alten Häusern: Ohne Hausschuhe bekommt man schnell kalte Füße und selbst Teppichboden verhindert die Fußkälte kaum. Ist die Wohnung unterkellert, ziehen die kalten Kellerräume die Wärme förmlich durch die Zwischendecke nach unten und lassen den Fußboden im Erdgeschoss auskühlen. Noch stärker ist der Effekt, wenn der Beton direkt den Untergrund berührt. Daher ist es heute im Neubaubereich üblich, die Bodenplatte zum Erdreich hin zu dämmen. Und auch der Estrich wird wärmetechnisch noch einmal vom Unterbau getrennt.
Auch beim Sonnenhaus in Eversburg, bei dem die Bauarbeiten begonnen haben, wurde eine solche Dämmung vorgesehen. Dafür legt man im Bereich der Außenwände Streifenfundamente an, die tief genug in den Untergrund reichen, um frostsicher zu sein. Ebenso stehen die tragenden Innenwände und natürlich der Speicher mit seinen rund 8 Tonnen Gewicht künftig auf Betonstreifen, die ausreichend Bodenkontakt haben.
Oberhalb dieses Fundamentes wird dann eine acht Zentimeter dicke Schicht aus Polyurethanplatten die Betonplatte vom Untergrund trennen, so dass die Wärme aus der Wohnung kaum Chancen hat nach unten zu entweichen. Auf der darüber gegossenen 20 Zentimeter dicken Betonplatte liegen noch einmal 14 Zentimeter Polystyrol, die den gut sechs Zentimeter dicken Zementestrich tragen.
Insgesamt trennen 22 Zentimeter Dämmstoff die Wohnung vom kalten Untergrund - beste Voraussetzungen für warme Füße.
Beim Neubau wird seit einigen Jahren der Focus sehr stark auf die Wärmedämmung gelegt. Bei Passivhäusern zum Beispiel ist die Gebäudehülle so weit energetisch optimiert, dass selbst im Winter so gut wie gar nicht geheizt werden muss. Oft reicht schon die Körperwärme der anwesenden Personen, um selbst im Winter auf angenehme Raumtemperaturen zu kommen.
Das Sonnenhaus folgt einem etwas anderen Konzept. Zwar wird auch hier gut gedämmt, ein gewisser Heizbedarf ist aber durchaus eingeplant. Um diesen zu decken, macht man sich die Kraft der Sonne zunutze: Zunächst wird bei der Planung die Ausrichtung des Gebäudes gezielt so gewählt, dass große Fenster auf der Südseite viel Wärme einfangen können. Der Clou am Sonnenhaus ist aber das solar betriebene Heizungssystem. Weil im Winter natürlich nicht immer die Sonne scheint, wird ein mächtiger Speicher eingebaut, der über Tage und Wochen die Sonnenwärme einlagern kann.
Das Grundprinzip dabei ist relativ einfach: Große Solarkollektoren auf der Südseite des Daches fangen die Wärme an sonnigen Tagen ein. Zentral im Haus befindet sich ein Speicher, der insgesamt 7000 Liter fasst und die Wärme aus den Kollektoren aufnimmt. Damit lassen sich ein paar wolkige Tage im Winter locker überbrücken. Dadurch, dass der Speicher sehr gut gedämmt ist und ohnehin mitten in der warmen Wohnung steht, geht praktisch keine Wärme nach außen verloren. Sollte die Sonnenwärme dann doch einmal zu lange fehlen, liefert ein zusätzlicher Holzofen die nötige Wärme. Er heizt dabei nicht nur den Raum auf, in dem er aufgestellt ist. Über Wassertaschen liefert er gleichzeitig Wärme an den Speicher, die dann auch in den übrigen Räumen zur Verfügung steht. So nutzt man gewissermaßen sogar noch das Sonnenlicht, das die Bäume in ihrem Holz gespeichert haben. Mit einem Sonnenhaus sind die Bewohner – zumindest was das Thema Heizung angeht - also weitgehend autark.
Kontakt
Referat für Kreisentwicklung
-
0541 5014402
- klimaschutz@landkreis-osnabrueck.de
Am Schölerberg 1
49082 Osnabrück
Deutschland